Der Rundgang wird in regelmäßigen Abständen kostenlos
angeboten und führt durch das Klinikviertel der LMU München. Im Fokus steht
dabei insbesondere die Rolle der Münchner Medizin zur Zeit des
Nationalsozialismus während der Jahre 1933 bis 1945. Essential ist jedoch auch
eine Betrachtung der medizinischen und wissenschaftlichen Entwicklungen zur
Jahrhundertwende, wie beispielsweise die Etablierung der sogenannten
Rassenhygiene und -medizin, sowie die personellen Kontinuitäten in den
Instituten nach der Niederlage Deutschlands.
Der Rundgang beginnt vor der Bischofskirche am Sendlinger-Tor-Platz. Von dort
führt die Route die Pettenkoferstraße entlang und macht am Pettenkofer Institut
sowie vor der Anatomische Anstalt halt. Der Rundgang führt dann in die
Goethestraße, dort erfolgt ein kurzer Halt an der medizinischen
Fachbuchhandlung Lehmanns. Die Gruppe biegt in die Nussbaumstraße ein und hält
an der Psychiatrischen Anstalt und der Chirurgischen Klinik, um dann über die
Lindwurmstraße in die Maistraße zu gelangen. Dort wird die Geschichte der
ehemaligen Frauenklinik vorgestellt. Die Route führt dann die Maistraße
entlang, um dann schlussendlich auf dem Goetheplatz Sicht auf das Haunersche
Kinderspital in der Lindwurmstraße zu haben. Hier endet der Rundgang, eine
freiwillige Besichtigung der Gedenkstätte des ehemaligen israelitischen
Kranken- und Schwesternheims in der Hermann-Schmid-Straße ist im Anschluss
möglich.
Termine
Bei Interesse an einem Rundgang, nutze folgendes Kontaktformular für eine unverbindliche Anmeldung. Wir nehmen dann zeitnah Kontakt auf. Bei einer bereits bestehenden Gruppe ist auch ein personalisierter Rundgang möglich. Aufgrund der ehrenamtlichen Tätigkeit, nehmen wir uns das Recht heraus erst ab einer Teilnehmer*innenanzahl von mindestes 15 Personen den Rundgang stattfinden zu lassen. Der Rundgang dauert zwei Stunden. Aufgrund der langen
Laufstrecke und der örtlichen Begebenheiten ist der Rundgang nicht vollständig
barrierefrei. Je nach Bedarf der Teilnehmenden wird die Route entsprechend
angepasst.
Kontaktformular
Entstehungsgeschichte
Im Rahmen der Black Lives Matter Bewegung im Sommer 2020
setzten sich Mitglieder der offenen Arbeitsgruppe Kritische
Medizin München mit Rassismus in der Medizin auseinander. Die Gruppe,
bestehend aus jungen Ärzt*innen, Medizinstudierenden und Menschen aus anderen
Gesundheitsberufen, organisierte Workshops und offene Plena in denen sich die
Teilnehmer*innen mit den gesundheitspolitischen Folgen von Rassismus
beschäftigten. Dabei wurde schnell deutlich, wie stark verwickelt die Medizin
und die Münchner Medizin insbesondere in der wissenschaftlichen Legitimierung
von Rassismus war. Ihren grausamen Höhepunkt hatte dabei die Beteiligung der
Münchner Medizin an der Durchführung der Euthanasie sowie von abscheulichen
Menschenversuchen während der nationalsozialistischen Diktatur. Doch dieses
vielleicht dunkelste Kapitel der Medizingeschichte fand und findet in München wenig
Beachtung. Kaum ein Ort ist mit physischen Hinweisen wie Informations-
oder Gedenktafeln versehen, die Internetseiten der Institute vermissen
ebenfalls jeglicher Erwähnung der Jahre zwischen 1933 und 1945. Auch das
Münchner Medizincurriculum mangelt an verpflichtenden Lehrinhalten. Es wird
lediglich ein freiwilliges Wahlfach durch das Institut für Medizingeschichte
der LMU angeboten, und das, obwohl die Auseinandersetzung mit der
nationalsozialistischen Vergangenheit der Medizin eine Bedingung der ärztlichen
Approbationsordnung darstellt.
Die deutsche Ärzteschaft spielte eine nicht unwesentliche Rolle in dem Aufstieg
der NSDAP, der Machtlegitimierung und der Durchsetzung von Verbrechen gegen die
Menschlichkeit. Aufgrund dieser historischen Verflechtung und
den fortwährenden Kontinuitäten antisemitischer und rechtsextremer Tendenzen,
erschien der Gruppe eine aktive Aufarbeitungs- und Erinnerungskultur in der
Münchner Medizin als notwendig. In einem aufwendigen Rechercheprozess
verfolgten wir die Spuren bekannter Mediziner aus München und blickten hinter
die Kulissen von Orten, an denen fast alle von uns Vorlesungen oder Kurse besucht
hatten. Die Ergebnisse unserer Recherche führten wir zu einem interaktiven
Rundgang zusammen, den wir im Sommer 2021 zum ersten Mal anboten. Seitdem wurden über 20 Rundgänge angeboten mit insgesamt mehr als 500
Teilnehmer*innen. Zudem wurden externe medizinhistorische Führungen durch die
Gedenkstätte des ehemaligen KZ Dachau und der ehemaligen Heil- und
Pflegeanstalt Eglfing-Haar (jetzt Isar-Amper-Klinikum München Ost) organisiert.
Im Früher 2024 entstand die Idee eine digitale Version des Rundgang als Ergänzung zu den physischen
Rundgängen zu erstellen. Diese Website soll zusätzliche Informationen und Materialien zur eigenen
Nacharbeitung anbieten. Außerdem bestand vor dieser Veröffentlichung keine
vergleichbare Übersicht der Münchner Medizin zur Zeit des Nationalsozialismus.
Über Uns
Für die Inhalte und Gestaltung der Website waren der Mediendesigner Benedikt Hörmannsdorfer (M. A.) und der Arzt Julius Poppel (M. D.) verantwortlich. Diese Seite konnte im Herbst 2024 veröffentlicht werden.
Benedikt HörmannsdorferJulius Poppel Dieses Projekt wurde finanziell durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München (Public History Abteilung) gefördert. Wir bedanken uns für die Unterstützung.